Nexus und die drei Geister der Neuen Liebe
a X-Mas Story
In den Gassen der großen Stadt, ins Lichtermeer gehüllt, in der Zeit, in der die Dunkelheit der Natur an dem was die Menschen elektrischer Schein nennen knabbert, trug es sich zu, dass ein junger Mann namens Nexus wie so oft tugendhaft zum Dienst erschien. Seine Geschichte ist voller Trübsinn für jene die dieses Gefühl einordnen können. Sein Vater starb bevor er richtig wahrnehmen konnte. Seine Mutter zog ihn groß und danach aufs Dorf, wo sie seither den Abstand zu allen sozialisierten Menschen mied. Nexus lebte von einem üppigen Erbe, das sein Vater ihm hinterlassen hatte. Dennoch lebte er recht spartanisch und kaufte nur das Nötigste. Er arbeitete auf freiwilliger Basis für die Bedürftigen. Diese Zahl wuchs zurzeit exponentiell, genau wie die, deren Vermögen sich scheinbar wie aus dem Nichts vervielfältigte. Es waren seltsame Zeiten und dazu noch eine Nacht vor dem Heiligen Abend. Aus einer Kneipe ertönte der Graf von „Unheilig“.
Als Nexus an seiner Arbeitsstelle eintraf, einem alten Fabrikgebäude, das genauso herunter gekommen war wie die Bettler die es behausten, fielen ihm gleich eine Menge „Wespen“ ins Auge. Wespen waren für Nexus immer diese Art von armen Leuten, die ihr Leid über das des anderen setzten, um schneller an Hilfe zu gelangen. Dabei waren sie meist besser dran als die stillen Leidenden. Es war für ihn ein passendes Bild, weil er Wespen nicht ausstehen konnte und diese sich seiner Meinung immer viel zu sehr in den Vordergrund stellten. Tief in seinem inneren mochte er alle Menschen auch Wespen, allerdings konnten die Helfer der „Fabrik“ nur einen kleinen Teil der Obdachlosen zufrieden stellen. Daher musste Nexus immer genau verifizieren wer die Hilfe am Nötigsten hatte. Seine Kollegin rief ihn heran. Der Grund war „Sternchen“, eine junge Frau die stark heroinabhängig war. Hektisch folgte Nexus seiner Kollegin aufs Klo. Da erblickte er Sternchen deren richtigen Namen niemand kannte und den sie auch selbst nicht wusste. Die anderen Leute in der Fabrik nannten sie so, da sie immer eine verträumte, positive Art an den Tag legte. Das mochten sehr viele an ihr und sie gab ihnen Hoffnung wie in einer dunklen Nacht, das Sternenzelt. Als Nexus auf sie traf lag sie am Boden der Gemeinschaftstoiletten. Sie hatte sich offensichtlich zu viel gespritzt und lag in den letzten Zügen ihres ohnehin sehr kurzen Lebens. Nexus kniete sich zu ihr und fragte „ Sternchen hörst du mich?!“, „Hoffnung ist die leise Stimme , die „Vielleicht“ wispert während die Welt „Nein“ schreit erwiderte die Sterbende. „Was kann ich tun?“ entgegnete er aufgelöst und verzweifelt. Da nahm die junge Frau ihre letzten Kräfte zusammen und gab ihre abschließenden Gedanken preis „ Dinge sind und werden geschehen, sie führten uns in die Gegenwart und sind die Basis unserer Zukunft, hör auf zu probieren dagegen zu steuern, Nexus, das Gute in dir macht dich unglücklich und bald werden sie kommen weil es sie stört; 3 Geister die dir deine Leidkultur nehmen werden.“ Als der Satz beendet war viel ihr Körper in sich zusammen. Ihr Korpus verlor die Spannung und das letzte Licht entschwand aus ihren Augen. Nexus nahm die Situation unwirklich wahr, er empfand Scham, da die letzten Worte von Sternchen sich auf ihn bezogen und er mit den Aussagen nichts anfangen konnte. Er probierte gefasst zu wirken. Dennoch war sein Gemüt in tiefe Trauer gehüllt, weil die junge Dame eine lange Geschichte in ihrer Einrichtung hatte und sie wie bereits erwähnt sehr beliebt war. Und obwohl sich ihre eigene Lage schon immer überaus verzweifelt darstellte, entschied sie, keine Wespe zu sein. Ganz im Gegenteil. Oft probierte sie ihre eigenen Probleme runter zu spielen. Auch die anderen Anwesenden schienen traurig zu sein, doch Nexus nahm nur seinen eigenen Schmerz wahr. Und auch das fühlte sich fremd an. Aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung hätte er anders reagieren sollen. Es kam durchaus oft vor, dass Bedürftige bei ihnen starben, doch Sternchen war für Nexus immer etwas Besonderes gewesen. Sie erinnerte ihn an sich selbst. Als er in Ihrem Alter war hatte er eine ähnlich naive und kindliche Sicht auf die Welt, auch wenn er niemals Drogen genommen hatte.
Spätabends am Ende seiner Schicht, wollte Nexus nur noch nach Hause und schlafen. Es fröstelte ihn und auch seine Seele war durchtränkt von einem Gänseoidischen Schauer, der ihn an die Kälte seines Körpers fesselte. Die Traurigkeit aufgrund der Ereignisse auf Arbeit trugen dazu bei, dass Nexus nichts mehr wollte, als ab in die Federn. Er traf seine Vorkehrungen für die Nacht. Dabei stellte er fest, dass er von dem Verlangen gepackt wurde zu beten. Obwohl er nicht gläubig war und auch keinen kirchlichen Bezug hatte kam es wenn auch höchst selten vor das er den Wunsch hatte mit Gott zu sprechen. Und so fing er an sich dem Schöpfer mitzuteilen.
Lieber Gott.
Wir haben so lange nicht gesprochen,
Du hast, so glaube ich, die wichtigsten Dinge mitbekommen,
Die Geisteshaltung der Allgemeinheit ist die Lastschrift dieser Zeit.
Viele sind habhaft an weltlichen Gütern, doch es fehlt an den Gedanken für den du Gott
immer schon gestanden hast Empathie, Mitgefühl und in letzter Konsequenz Liebe.
Bitte schenke in deiner Großzügigkeit den Menschen genau das zu Weihnachten;
Und grüße den Stern von mir, ihr Licht war ein Trost, da wo sonst nur Irrlichter wirken
Amen
Stille schluckte seine Worte und folglich überkam Nexus erst die Müdigkeit, dann der Schlaf, den er brauchte mehr denn je dieser Tage.
Die Kälte der Nacht lag über der Stadt. Punkt 0:00 Uhr der Glockenschlag ertönte. Ein schaurig schöner Klang. In diesem Augenblick geschah etwas Seltsames in dem Schlafgemach.
Ein Schatten formte sich aus dem Nichts. Es war ein groteskes Schauspiel und von menschlichen Augen unbemerkt formte sich der Baphomet zu einer Gestalt. Als die Transformation beendet war, stand da ein alter Mann breit grinsend, mit langer Nase und Halbglatze. Das Gesicht war zwar recht faltig und doch wirkte es völlig vital und frisch. Wild entschlossen fixierte diese Kreatur Nexus mit seinen durchdringenden bitterbösen giftgrünen Augen. Dieser war schon in seine Traumwelt entglitten.
"Zeit um aufzuwachen kreischte die Gestalt! ", und lachte im Anschluss höhnisch. Nexus schrak völlig entgeistert auf. Voller Furcht musterte er diesen Eindringling.
"Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?" entfuhr es ihm.
"Ich bin der Geist der Dinge. Meine Liebe ist ein Luxusgut. Es wäre schön wenn es mir gelingen würde dir meine Ansichten etwas näher zu bringen. Besitz macht glücklich findest du nicht, Nexus?" antwortete der Geist.
"Woher kennt ihr meinen Namen?" fragte Nexus.
„Das tut nichts zur Sache. Lass mich dir nur sagen, dass uns nichts verborgen blieb was du je getan hast. Du wirkst seit geraumer Zeit unglücklich. Deine Art der Aufopferung für andere Menschen macht mich krank!“, erwiderte der Geist.
Kurze Zeit herrschte Stille im Raum. Dann fing der Geist ausgiebig an zu lachen. Ein ohrenbetäubendes bizarres Gelächter voller Hass.
Als der Geist fertig war wandte er sich wieder an Nexus " Schaue dir die Menschheit an. Sie sind schon verloren. Du probierst ihnen zu helfen, dabei haben sie sich längst ihrem Schicksal ergeben. Du solltest deine Existenz nicht der Rettung dieser widerlichen Kreaturen widmen sondern der Liebe zu Sachen, die dich glücklich machen. Ich weiß du hast viel geerbt. Kauf dir was du gerne hättest. Das Glück in unserer Zeit liegt im Materialismus. Nichts anderes kann für Zufriedenheit sorgen."
„Das sehe ich anders“ , gab Nexus zu verstehen. „ Sei doch kein Narr. Ich weiß, dass du dich verloren fühlst. Ich kann es spüren. Werde mein Jünger und dir wird es an Nichts fehlen.“ Beschwor ihn der Geist. Nexus trat einen Schritt auf den Geist zu. Er versuchte endgültig die Angst abzuschütteln, doch es gelang ihm nicht völlig. Er rang sich dennoch zu einer abschließenden Erklärung durch, „ Mich interessieren keine Dinge und ihr seid eine falsche Schlange. Ich kann eure Lügen hören, riechen und sogar schmecken. Es ekelt mich an. Meine Wahrnehmung wird durch deine bloße Anwesenheit vergewaltigt. Verschwinde.“ Der Geist schien durch diese klare Ansage getroffen, als hätte er eine so vernichtende Antwort nicht erwartet. Er schaute sich kurz um und kommentierte das Ganze folgendermaßen „ Nun gut, du hast bis 1 Uhr Zeit es dir anders zu überlegen. Dann werde ich verschwinden. Bis dahin werde ich mich in deinen Sessel setzen und warten.“ Und so setzte sich die Gestalt auf den Sessel. Ohne dabei Nexus aus dem Blick zu verlieren. Nexus setzte sich auf das Bett, und ließ den Geist seinerseits auch nicht aus den Augen. So belauerten sich die Beiden stillschweigend bis es kurz vor Eins war. Plötzlich schien der Geist nervös zu werden. Er unterbrach sein Schweigen, „ Nexus mein lieber Kerl, ich weiß meine Worte haben dich verwirrt und doch will ich nur dein Bestes. Du musst mir glauben. Bitte stimme zu mein Jünger zu werden. Wir werden eine Lösung finden, einverstanden?“ Nein! Erwiderte Nexus kühl. Da wurde der Geist panisch. Er stand aus dem Sessel auf und rannte kreuz und quer durch den Raum. Bis es 1 Uhr war. Punkt Eins blieb er stehen. Er lief kreidebleich an. Seine Augen wurden schwarz. Aus seinen Ohren kamen Spinnenweben. Außerdem entwich Schaum aus seinem Mund. Bis er den Mund schließlich öffnete und ein Käfer heraus gekrabbelt kam. Dieser wirkte zunächst recht mickrig, auch wenn er die normalen Maße eines Käfers bei weitem übertraf. Allerdings wuchs er nach Verlassen des Mundraumes auf fast 2 Meter an und war nun sogar etwas größer als Nexus. Die Facettenaugen leuchteten grün. Sie ließen die Kreatur unwirklich erscheinen, als wäre sie nur ein Trugbild. Dennoch war alles real. Nexus fühlte sich müde und abgekämpft. Trotzdem hatte er den Entschluss gefasst sich auch dieser Prüfung zu stellen. Da stand sie vor ihm, eine riesige monströse Erscheinung. Er schimmerte komplett grün. Die Farbe die ihn umgab hatte nichts Hoffnungsvolles sondern ein grün das toxisch strahlte wie Gift. Der Insektoid öffnete sein mit kleinen spitzen Zähnen durchsetztes Maul. Er ergriff das Wort: „ Hallo Nexus erlaube mir mich vorzustellen. Möchte gleich zum Punkt kommen, denn ich weiß Zeit ist Geld und nichts liege mir ferner als jemanden seine Barschaft zu entreißen. Ich bin der Geist des Geldes, der die Menschen lenkt und steuert. Der sie zu Heuschrecken an der Börse macht. Ohne mich geht nichts in dieser Welt. Sie sind alle abhängig von mir. Und nun zum Punkt, ich will auch das du auf mich schwörst. Tue es, dann wird der „Mammon“ dir auf ewig zu Diensten sein.“
Der junge Pfleger wirkte verunsichert. Er schien sich zu fragen was das alles zu bedeuten hatte. Nach einer längeren Pause begann er darauf einzugehen: „ Geld war, ist und wird für mich immer nur ein Tauschmittel bleiben, nicht mehr und nicht weniger. Du dagegen siehst so aus, als führtest du zu Geld eine toxische Beziehung. Das alles kann ich nicht gut heißen. Für mich ist es auch nicht nachvollziehbar, das so ein verein nehmendes Wesen wie du sich von scheinbarer Macht unterjochen lässt. Trotzdem macht es auf mich den Eindruck, als wäre das Teil deiner Agenda, doch höre auf mein Signal denn ich werde mich deinem „Gott“ niemals anschließen. Sieh deinen Versuch mich zu bekehren als Fehlschlag an und verschwinde dahin zurück wo du hergekommen bist, danke!“ Das Monster musterte Nexus mit Nachdruck dann entgegnete es kühl: „ Deine Entscheidung akzeptiere ich, aber nur weil ich weiß welches Leid über dich herein brechen wird, so sei es denn.“
Mit diesen Worten wandte sich der riesige Käfer von Nexus ab. Er trat exakt in die Mitte des Raumes und begann sich mit seidenen Fäden einzusprühen. Diese Fäden ummantelten ihn zu einem riesigen Kokon. Bis nichts mehr von ihm sichtbar war, bis auf eine große weiße Struktur. Der Raum war vor Spannung elektrisiert. Angst lag in der Luft. Das Traurige für Nexus war die Schwäche, die er jetzt nicht brauchte und auch keinesfalls ausstrahlen wollte. Bis um 2 Uhr blieben ihm noch einige wenige Minuten sich zu sammeln. Er hatte realisiert das hier noch was geschehen müsste. Genau wie es von „Sternchen“ prophezeit wurde. Natürlich hatte er in der Situation an wirres Gerede geglaubt. Doch nun hatte sich Alles bewahrheitet. Bis auf die Forderung die mit der Vorhersage einher ging. Denn Nexus blieb standhaft. Er wollte die Veränderung nicht für sich, sondern für die anderen Menschen. Für ihn waren sie das Kernproblem. Die Zeit bis zum nächsten Glockenschlag verging sehr zäh.
Als es endlich so weit war, fing der Kokon plötzlich an zu fluoreszieren. Licht durchdrang das Gebilde und flutete den gesamten Raum. Nexus war so geblendet, dass er sich die Augen zuhalten musste. Als der Schein langsam weniger wurde konnte Nexus seinen Augen nicht trauen. Eine Gestalt stand dort wo sich vorher der Kokon befand. Es war ein weibliches Geschöpf komplett in ein tiefes schwarz gehüllt mit großen fledermausartigen Flügeln. Doch das alles war für ihn nicht annähernd so von Bedeutung wie das Gesicht der anmutigen Frau. Sie sah nicht nur so aus wie „Sternchen“ , denn sie war es einfach. Er konnte das spüren und nahm gleichzeitig den Schmerz wahr den sie beide miteinander verband. Und diese Traurigkeit lag auch in der Stimme der jungen Frau, als diese das Wort ergriff: „ Hey du. Ich hatte dir gesagt was zu tun ist und ich hatte erwartet, dass du das Ganze bis zum bitteren Ende führen würdest. Du bist stur und hast deine Werte, nur du hast dich selbst durch diese vergessen. Es ist Zeit für deine persönliche Metamorphose. Mein Weihnachtsgeschenk an dich. Die „Egolution“ wird dafür sorgen, dass du ab heute nicht mehr nach links oder rechts schauen wirst. Es gibt nur dich. Du bist das Einzige was zählt. Zu lange warst du der letzte der Indianer mit Helping Hand Syndrom. Doch wann hat dir zuletzt jemand geholfen? Wann standen deine Bedürfnisse das letzte Mal überhaupt zur Debatte?“ Nexus war in Schockstarre gefallen. Er konnte nicht glauben was sein ehemaliger Schützling da von sich gab. Eine Träne verließ sein linkes Auge und fiel auf den saphirblauen Samt des Teppichs. Das schlimme an den Aussagen und Fragen die Sternchen an ihn richtete war, dass Wahrheit darin lag. Verzweifelt probierte er ihren Blick stand zu halten. Letztendlich schaffte er es nicht. Er reflektierte, die letzten Monate und Jahre. Sein Leben war im Prinzip die Arbeit und der Glaube daran, dass die Gesellschaft zum Wandel bereit sein würde. Nur wurde das Ganze immer schlimmer und nicht besser. Es schien sinnlos so weiter zu machen. Aufgrund dieser Gedanken lenkte Nexus ein: „Wo ist mein Ausweg? Sternchen deine menschliche Art war mir ein Leuchtturm in diesem schweren Zeiten. Dein Tod hat mich getroffen. Doch ich vertraue dir über den Tod hinaus. Was soll ich tun?“ Die Gesichtszüge von Sternchen wurden weicher und sie entgegnete „ Ich habe ein Mittel in dieser Spritze das deine Probleme lösen wird. Nexus du bist der irdischen Existenz überdrüssig geworden. Bist du bereit loszulassen?“ Ohne einen Gedanken an die Endgültigkeit zu verschwenden antwortete er „Ja, das bin ich.“ „Besser spät als nie“, sagte Sternchen mit einem strahlenden Lächeln. Und so verabreichte sie ihm das Mittel. Nexus legte sich ins Bett. Er war schwach und dennoch fühlte er wie der Käfig des menschlichen Gefäßes zerbrach und er Freiheit einatmete indem er aufhörte zu atmen. Sternchen wachte bis zum Schluss an seiner Seite.
Als der dritte Glockenschlag ertönte, blitzte kurz ein Licht im Schlafzimmer auf und das Bett war leer in dem einst ein junger Mann lag, der Zeit seines Lebens andere Menschen immer mehr geliebt hatte als sich selbst. Der einzige Trost liegt in der Hoffnung, dass ihm eine andere Seiensebene das geben kann und wird, was Nexus bei den Menschen nie fand.
Frohe Weihnachten